«Sozial sein» und Sozialisierung
Ich lese immer wieder, mein Hund ist sehr sozial aber manchmal...Ich möchte da mal etwas Licht ins Dunkle bringen. Der Begriff "sozial sein" bezieht sich auf die Fähigkeit und Neigung eines Individuums, in Gemeinschaften zu interagieren. Soziales Verhalten umfasst Empathie, Kooperation, Kommunikation und die Fähigkeit, soziale Normen und Regeln zu verstehen und zu befolgen. Sozial kompetente Individuen sind in der Regel besser in der Lage, Konflikte zu lösen, effektiv zu kommunizieren und positive Beziehungen aufzubauen. Sozialisierung: Sozialisierung ist der Prozess, durch den Individuen die Werte, Normen, Verhaltensweisen, Fähigkeiten und Kenntnisse erlernen, die notwendig sind, um als Mitglieder einer Gesellschaft zu funktionieren. Dieser Prozess beginnt in der Kindheit und setzt sich über das ganze Leben fort - «Huch». Der Prozess erfolgt durch Interaktion mit der belebten und unbelebten Umwelt und wird durch persönliche Erfahrungen beeinflusst. Sozialisierung dient dazu, Individuen in die Kultur und Gesellschaft, in der sie leben, zu integrieren. Sie hilft ihnen zu verstehen, wie sie sich in verschiedenen sozialen Situationen verhalten sollen und was von ihnen als Mitgliedern ihrer Gemeinschaft erwartet wird. Dabei berücksichtigen sie den Freiraum anderer, bringen sich selbst und andere, mit ihrem Verhalten, nicht in Gefahr. In der Zusammenfassung beschreibt "sozial sein" mehr die Eigenschaften und Verhaltensweisen eines Individuums in sozialen Kontexten, während "Sozialisierung" den umfassenderen Prozess bezeichnet, durch den Menschen (oder Hunde) lernen, Teil einer Gesellschaft zu sein und mit anderen zu interagieren. Daraus kann man folgendes ableiten (Deduktion): Hunde «und auch Menschen», welche die Individualdistanz jedes Individuums unkontrolliert oder ungefragt unterschreiten, gelten in unseren Gefilden als nicht sozialisiert. Dasselbe gilt für Hunde, welche sich nicht angstfrei in unserer Umwelt bewegen können, weil sie die Gefahren nicht abschätzen oder erkennen können. Hunde, die den Zwang verspüren, mit allen Hunden spielen zu müssen, sind nicht automatisch gut sozialisiert. Oft spielen zu dürfen, ist auch nicht Grundlage für eine optimale Sozialisation (q.e.d). Hunde die aggressiv kommunizieren sind nicht zwangsläufig asozial. Die Liste ist noch lange nicht abschliessend, sie soll lediglich aufzeigen, wohin die Folgerungen reichen. Nun zu meinen Erfahrungen und meinem erworbenen Wissen als Hunde-Liebhaber, den Trainer lassen wir mal aussen vor. Hunde sind die besten Freunde des Menschen und wir müssen ihnen mit dem nötigen Respekt und Freundschaft entgegentreten. Hunde wollten sich schon früh der Gesellschaft des Menschen anschliessen und deshalb dürfen sie auch lernen, nicht überall hin zu pinkeln und alles anzuspringen, was bei drei nicht auf den Bäumen ist. Dies zu trainieren (ich nennen es erziehen) ist ganz einfach und dazu braucht es weder Gewalt noch alte «Ich chef – Du nix» Konzepte. Hunde die andere Umwelterfahrungen gemacht haben, weil sie aus anderen Kulturkreisen stammen, müssen in unserem Umfeld «immer» zuerst sozialisiert werden. Bei uns in der kleinen Schweiz sind andere Normen, Werte, Fähigkeiten und Kenntnisse gefragt als auf der Strasse oder in einem Tierheim mit Massenhaltung. Die neuen Fähigkeiten können aber nicht allein mit einem grossen Herzen vermittelt werden, da braucht es auch Eigenschaften wie Geduld, Beharrlichkeit und konsequentes Training. Zudem ist Fachwissen gefragt, denn Hunde können schnell Strategien entwickeln, welche zu Problemen führen. Es ist also ratsam sich Hilfe beiseitezuziehen, den sonst wird aus dem Wort «gerettet» schnell das Wort «verloren». In diesem Zusammenhang möchte ich noch die Aussage von vielen Hundehalter kommentieren, welche meinen «Hunde regeln das unter sich, wir müssen sie nur machen lassen». Da möchte ich lediglich Günther Bloch zitieren, der sagte: «Wir können Hunde alles regeln lassen, wenn wir natürliche Selektionen akzeptieren». Zu dieser Erkenntnis gibt es zahlreiche Videos, welche dies belegen. Ihr findet diese problemlos auf YT (Achtung, nichts für zarte Gemüter). Dort seht ihr «auch» Hunde, die sehr gut in die Gesellschaft integriert sind, superlieb zu Kindern und Menschen sind und trotzdem «natürlich selektieren». Vorsicht vor möglichem Paradigmenwechsel. Nach dieser kleinen Reise ins Zeitalter der Erleuchtung wünsche ich allen viel Spass und ganz schöne Zeiten mit euren Hunden, in dieser nicht ganz einfachen Zeit «nach-Corona». Geht viel nach draussen und geniesst die Natur, haltet inne und beobachtet die kleinsten Mimiken und Gestiken Eures Hundes. Es lohnt sich und entschleunigt. Der Hund unser wahrer Freund. Er hat es verdient, dass wir falsches Wissen ablegen und uns darum kümmern, ihn richtig zu verstehen. Quellen: "Einführung in die Soziologie" von Anthony Giddens, Grundlagen soziologischer Theorien und Konzepte. "Social Psychology" von David Myers oder "The Social Animal" von Elliot Aronson. Diese Quellen bieten einen umfassenden Überblick über die Theorien und Forschungen, die die Konzepte von sozialem Verhalten und Sozialisierung untermauern. Bildungsmaterialien oder Online-Ressourcen zu Entwicklungspsychologie und Sozialisation, die in pädagogischen Kontexten können ebenfalls zu Rate gezogen werden.
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Beat EichenbergerIch lebe mit meiner Partnerin und unserem Hunderudel im Kanton Zug und betreibe mit ihr eine Hundeschule. Archives
Januar 2024
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